Die Teilnehmer:innen der Ringberg Konferenz

In der ersten Septemberwoche kamen vierzig Chemie- und KI-Expert:innen aus 15 Ländern, 15 verschiedenen Forschungseinrichtungen und 10 Unternehmen ins Schloss Ringberg am Tegernsee, eine Tagungsstätte der Max-Planck-Gesellschaft. Sie diskutierten aktuelle Forschungstrends in der Chemie und gaben Einblicke in moderne Laborkonzepte. Organisiert wurde die Konferenz gemeinsam vom CTC und Prof. Peter Seebergers Abteilung am Potsdamer Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG). Damit war die einwöchige Konferenz so etwas wie ein Kick-off für die Entwicklung des CTC-Forschungsprogramms.

Einblicke in automatisierte Labore …

Die Konferenz begann am Montagnachmittag mit einer Einführung durch Peter Seeberger und einem informellen Kennenlernen. Der Dienstag war gefüllt mit spannenden Vorträgen zu den Themen Automatisierung, maschinelles Lernen und grüne Chemie. Die Vormittagssitzung wurde von Seeberger eröffnet, der einen Einblick in das Konzept des CTC gab. Ihm folgte Prof. Siegfried Waldvogel von der Universität Mainz mit einem Vortrag über die Elektrifizierung organischer Synthese. Dr. Leif Rohrbach von Carbon Minds fuhr mit einer Präsentation über den CO₂-Fußabdruck von Produkten fort.

Die kurze Kaffeepause bot Gelegenheit, die Diskussionen fortzusetzen, bevor Prof. Pascal Miéville vom Schweizer CAT+ West Hub an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne seine Erkenntnisse über „Storms and Drones in a Laboratory“ präsentierte. Dr. Paola Ferrini von GSK hielt einen fesselnden Vortrag über Automatisierung in der Medikamentenentwicklung. Schließlich begeisterte Dr. Felix Strieth-Kalthoff aus der Arbeitsgruppe von Prof. Alán Aspuru-Guzik an der Universität Toronto mit seinem Vortrag über ein dezentrales, selbstgesteuertes Labor, das die Entdeckung neuer Materialien um ein Vielfaches beschleunigt.

… sprachbasierte KI-Modelle

Nach dem Mittagessen sprach Prof. Bartosz Grzybowski von der Polnischen Akademie der Wissenschaften und dem koreanischen Institute for Basic Research über innovative chemische Prozessplanung. Anschließend gab Prof. Heng Ji von der University of Illinois Urbana-Champaign Einblicke in die wissensgestützte Sprachmodellierung. Ihr Fachwissen auf dem Gebiet der linguistischen Datenverarbeitung und ihre interdisziplinäre Forschung überbrückt die Kluft zwischen natürlicher Sprache und Chemie. Ihr folgte Dr. John Bradshaw, Postdoc in der Coley Research Group am Massachusetts Institute of Technology mit einem Einblick, wie die Entdeckung von chemischen Reaktionen durch eine Kombination von Chemie und Datenwissenschaften vorangetrieben werden kann.

Die Sitzung am späten Nachmittag begann mit zwei Gruppenleitern aus der Abteilung von Prof. Seeberger am MPIKG: Dr. José Angel Danglad-Flores und Dr. Eric Sletten sind beide spezialisiert auf die automatisierte Glykan-Assemblierung. Den letzten Vortrag des Tages hielt Dr. Manuel Garcia Ricardo, dessen Arbeit eine Brücke zwischen Peptiden und Glykanen schlägt und so die biomolekulare Synthese vorantreibt.

… nachhaltige Kunststoffe

Der dritte Konferenztag wurde eröffnet von Prof. Arne Thomas von der TU Berlin mit einem Einblick in die Arbeit von UniSysCat. Das Exzellenzcluster bringt Expert:innen aus verschiedenen Bereichen zusammen, um die Katalyseforschung zu revolutionieren. Prof. Mike Meier vom KIT zeigte anschließend, wie nachwachsende Rohstoffe für innovative Polymere und hochdefinierte Polymerarchitekturen genutzt werden können. Dr. Manuel Häußler vom MPIKG legte im Anschluss dar, wie der Kreislauf der Kohlenstoffnutzung durch nachhaltige Kunststoffe geschlossen werden kann.

Nach einer kurzen Kaffeepause befasste sich Antonio LaPorte (University of Illinois) mit der maschinengesteuerten Synthese von neuen Chemikalien und Dr. Michael Schneider von Chemspeed beleuchtete, wie Technologie den Chemiesektor revolutioniert und ihn schneller, standardisierter und digitaler macht.

… Digitalisierung der chemischen Forschung

Nach dem Mittagessen folgten zwei weitere Vertreter aus der Industrie: Dr. Hergen Schultze, Head of Data Analytics bei BASF und Dr. Sara Szymkuć von Allchemy. Beide stellten vor, welche Herausforderungen es bei der Digitalisierung von Chemie gibt und wie computer-gestützte Datenanalysen die chemische Forschung voranbringen können. Anschließend präsentierte Carl Edwards (University of Illinois), wie sprachbasierte KI-Modelle die chemische Forschung bereichern. Schließlich sprach Prof. Tyler McQuade von On Demand Pharmaceuticals über die Transformation der Generika-Industrie und seine Mission, erschwingliche Medikamente für alle zugänglich zu machen.

Die Sitzung am späten Nachmittag eröffnete Dr. Divya Varadharajan von Reckitt mit einem Einblick in die konsumentengetriebene Optimierung von Produkten durch Chemie. Ihr folgte Dr. Joachim Dickhaut (BASF), der die Agrochemie beleuchtete und auf die komplexen Herausforderungen einging, die die Zukunft der Branche bestimmen. Nach ihm sprach Hannah Kortman vom MPIKG über dreidimensionale bor-organische Heterozyklen und Katharina Eisenhardt beendete den Tag mit einem Vortrag über die Verwendung von CO₂ für eine umweltfreundliche Kunststoffproduktion.

… Materialien aus dem 3D-Drucker

Der Donnerstagmorgen begann mit Beiträgen von drei Doktorand:innen: Sebastian Ronneberger vom MPIKG stellte die NanoFDM-Technologie vor. Seine Arbeit revolutioniert die Drucktechnik und ermöglicht die präzise Integration von Zusatzstoffen. Anschließend diskutierte Clara Scheelje vom KIT, wie die Nachhaltigkeit von Polyurethanen verbessert werden kann, und Lewis Mcghie vom MPIKG gab einen Einblick in seine Forschung über innovative Wege zu komplizierten bororganischen Strukturen. Den Abschluss der Sitzung bildete Dr. Sandhya Mardhekar vom MPIKG, die die automatisierte Synthese von biomimetischen Analoga von Zelloberflächenproteoglykanen vorstellte.

Die zweite Sitzung des Tages wurde von Dr. Marwin Segler von Microsoft Research eröffnet, der berichtete, wie Maschinelles Lernen die organische Synthese revolutioniert und die Entdeckung neuer Moleküle beschleunigt. Nach ihm unterstrich Dr. Christian Haas von Agilent die zentrale Rolle, die die analytische Chemie bei der Digitalisierung der Chemie spielen wird. Anschließend diskutierte Jakob Wolf vom MPIKG die „Kanonisierung der Thioglykosid-Reaktivität“. Den akademischen Teil des Tages beendete Dr. Tobias Klement vom Cluster Industrielle Biotechnologie (CLIB), der aufzeigte, wie CLIB in Nordrhein-Westfalen Innovationen vorantreibt und Industrie, Wissenschaft und KMU zusammenbringt, um den Weg für eine nachhaltige Zukunft in einem Kohlerevier zu ebnen.

… und Speiseölabfällen als wertvolle Ressource

Am Nachmittag wurden die in den letzten drei Tagen gewonnenen Erkenntnisse bei einem Ausflug in die bayerischen Alpen weiter diskutiert. Die Diskussionen und das Networking wurden beim bayerischen Abendessen am Abend fortgesetzt, einem Schmaus mit lokalen Spezialitäten wie Sauerkraut, Brezeln und Schweinshaxen.

Der letzte Tag der Konferenz bot vier weiteren Forscher:innen des MPIKG die Gelegenheit, ihre neuesten Ergebnisse vorzustellen: Zunächst sprach Dr. Dimitrije Djukanovic über die Synthese von polyfunktionellen Amiden, Ketonen und Pyridinen. Nach ihm gab Juliana Cardenas Einblicke in die Umwandlung von Speiseölabfällen zu wertvollen Ressourcen. Anschließend tauchte Sebastian Pinzon Lopez in die komplexe Welt der automatisierten Glykan-Assemblierung ein. Schließlich schloss Wei-Hsin Hsu die Konferenz mit einem Vortrag über die Vorteile der Durchflusschemie bei der autonomen Optimierung von photochemischen Mehrphasenreaktionen.

Nach fünf Tagen gaben zahlreiche Teilnehmer:innen das Feedback: Das war eine der vielfältigsten und intensivsten Konferenzen, an denen sie teilhaben konnten. Die Abgeschiedenheit auf dem Ringberg und die spezielle Atmosphäre des außergewöhnlichen Tagungsortes – einem vor erst 50 Jahren vollendeten Schloss – hat sicherlich dazu beigetragen.